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Sonntag, 25. Dezember 2016

Agra

Agra ist nur ungefähr eine Zugstunde von Mathura in östlicher Richtung entfernt. Bekannt für das Taj Mahal und das Agra Fort, eine riesige Festungsanlage aus rotem Sandstein (nicht unähnlich dem Red Fort in Dehli).

Von der Unterkunft aus geht es durch ein Armenviertel Richtung Taj Mahal. Wir müssen heute hingehen, da es morgen (Freitag) geschlossen ist. Die Massen an Menschen machen es leicht das Mausoleum zu finden. Nach dem obligatorischen Sonderpreis für Ausländer und einer Eingangskontrolle wird man auf das Gelände gelassen. 
Zunächst sieht man große rote Mauern und einen beEingangsbereich. Wenn man durch diesen Tritt strahlt einen das Taj in seiner ganzen Pracht entgegen. Ein schön angelegter Teich zeigt auf das Hauptgebäude, welchem an der östlichen Seite eine Moschee und an der westlichen Seite ein Ruhehaus (in Moscheeoptik) beisteht. 
Bei Sonnenschein wirkt der Marmor majestätisch. Großmogul Shah Jahan lies das Mausoleum anlässlich des Todes seiner Frau Mumtaz Mahal im Jahr 1631 (vermutete Bauzeit 17 Jahre) bauen. Sie gebar ihm 14(!) Kinder und war seine Lieblingsfrau; ja damals war es noch üblich sich eine kleine Auswahl an Ehefrauen zu halten. 

Wenn man auf der riesigen Marmor-Terasse steht kann man die liebevolle und detailgetreuen Arbeiten anschauen. Riesige Gitter wurden per Hand aus Marmor-Platten geschlagen. Das ist wirklich beeindruckend. Auf der Hinterseite kann man erhaben über das dahinterliegende Gelände mit der langsam dahinfließenden Yamuna schauen. Im Mausoleum sieht man zwei Särge liegen, einen kleineren in der Mitte - für Mahal, seitlich davon der vom Shah, etwas größer.
Interessant fande ich den Fakt, dass die 4 Minarette welche das Grabmal umgeben leicht nach außen geneigt sind, nur um eine Beschädigung der Grabkammer im Falle eines Erdbebens zu verhindern.

Es gibt aber auch eine weniger schöne Seite: die Menschenmassen. Man ließt und hört, dass das Taj überschnell altert, hauptsächlich aufgrund des Smogs der Agra (eine Industriestadt) umgibt, aber der stetige Fluss an Menschen die alles Anfassen und Lärmen macht es meiner Meinung nach auch nicht besser. Besonders im Mausoleum drinnen ist es schlimm, fotografieren verboten aber trotzdem blitzt es ständig irgendwo, der Geräuschpegel und die Enge lässt uns zudem schnell wieder ins Freie flüchten...
Nichtsdestotrotz eine beeindruckende Anlage, die man einmal im Leben gesehen haben muss!

Eingangsgebäude zur Taj Mahal Anlage

Blick durch das Eingangsgebäude

Taj Mahal

Feine Arbeiten im Gemäuer

Blick nach Westen auf die Yamuna

Moschee seitlich des Taj

Am folgenden Tag schauen wir uns etwas Agra an und durch Zufall kommen wir in das Zweiradviertel. Hooooochinteressant!!! Tausende von Mopeds kreuz und quer und jeder schraubt irgendetwas dran. Die Gefährte müssen fit sein, haben im Alltag auch einiges zu leisten! Egal ob Zubehör angeschraubt wird, Ölwechsel oder eine komplette Motorrevision ansteht, alles wird auf der Straße gemacht. Da gibt es einen der alte verbeulte Tanks wieder geduldig ausklöppelt und andere die verzogene Chassis' richten. Alles mit improvisierten Werkzeugen, manchmal muss auch ein Stein herhalten. Links und rechts stehen Buden die jegliche Ersatzteile in jeglicher Qualität verkaufen.

Wir treffen auf einen Enfield-Tandler - mein Herz schlägt schneller. Man muss sich zwei Räume mit ungefähr je 12 qm vorstellen, kaum Platz zum Stehen.  5 Angestellte reparieren selbstverständlich im Freien. Er hat einige "Schätze" herumstehen, da gibt es zum Beispiel eine halbwegs gut erhaltene 1959er Enfield (eine der ersten Modelle die nach dem Aufbau der Fabrik gebaut wurden) oder auch eine Diesel, nicht mehr ganz so gut im Zustand. Dann zeigt uns der Besitzer Firoz seinen ganzen Stolz: seine Enfield mittlerweile in dritter Generation und bereits von Opa und Vater modifiziert aber von Firoz auf den Höhepunkt getrieben: 35 Lampen an der Front machen die Nacht zum Tag. Ein modifizierter Zylinderkopf hat nun einen zweiten Abgang für einen Auspuff und der Zylinder ist auf 550 ccm aufgebohrt um für den nötigen Vortrieb zu sorgen. Damit die doppelflutige Auspuffanlage übertont wird hat Firoz noch eine Musikanlage installiert für die eine Autobatterie notwendig wurde!
Firoz merkt meine Begeisterung und zeigt mir eines seiner Messingschilder die die Schutzbleche der Enfields zieren. Als ich Frage was er dafür haben möchte, schüttelt er nur den Kopf und sagt "for a friend nothing". Eine sehr nette Erfahrung der indischen Gastfreundschaft!

Firoz' Reich

Firoz und seine modifizierte Enfield
Seitenansicht

Firoz und ich mit dem Messing-Schild

Weitere Impressionen aus Agra:


Milane sind überall zu sehen

Agra Fort

Ein Berg aus Kuhdung; Frauen sammeln die Haufen und trocknen sie um sie später als Brennmaterial zu nutzen

Ein Slum auf einer Verkehrsinsel inmitten der Stadt


Essen
Mal etwas zum Essen: erstmal LECKER!!! Gerade für Vegetarier ist Indien ein Paradies und für Anti-Veggies auch eine Erfahrung wert, denn auch Gerichte ohne Fleisch können definitv schmackhaft sein!
Zunächst haben wir uns etwas schwer mit den Namen getan, denn auch die Inder können nur schwer erklären was sie da anbieten. Aber nach ein paar Tagen (und einer gewissen Probierfreude) hat man dann den Dreh raus und weiß worum es sich ungefähr handelt. 
Thali zum Beispiel ist sehr vielfältig: man bekommt mehrere Schüsseln u.a. mit Dal (Linsen), Joghurt, Kichererbsen, Reis, Roti (Teigfladen) usw., dass ist sehr lecker und abwechslungsreich. Am Anfang denkt man, dass man von den paar Schüsselchen nicht satt wird..aber schwer getäuscht, es füllt! ☺
Zumeist sind die Gericht würzig bis scharf und gut verträglich.


Das überall erhältliche Dal (Linsen) mit den Rotis (Teigfladen)

Vegetable Biryani (würzige Reispfanne)

Special Thali

Samstag, 24. Dezember 2016

Vrindavan

Auf geht es mit dem Zug nach Vrindavan, die heiligste Stadt Indiens. Die Züge haben mit unserem Standard relativ wenig gemein, aber sie bringen einen ziemlich zügig an den Bestimmungsort.

Wir waren froh, dass wir überhaupt noch ein Platz ergattern konnten und mussten mit der zweiten Klasse (ohne Klima) Platz nehmen, Frühstück war inklusive, da der Zug sehr zeitig ging. Wir saßen in Dreierreihen und sobald der Vordermann sich bewegte schepperte es und unser Tischchen knallte herunter. Irgendwann (nach dem 11. mal hochklappen) gibt man auf und lässt ihn unten, Frühstück gibts ja auch noch :)

Der Maharganj Express beschleunigt auf sagenhafte 151 km/h! Wow! Und das bei offenen Türen....das Frühstück stellt sich übrigens als Oreo-Mini-Keksrolle heraus :)

Nach anderthalb Stunde erreichen wir Mathura wo sich sofort nach dem Aussteigen eine Schar TukTuk-Fahrer auf einen stürzt. WTF. Da wir eh ein Gefährt brauchten und sich die Fahrer immer weiter gegenseitig im Preis unterboten (das ist der positive Nebeneffekt!) hatten wir bald unser TukTuk gefunden und schon tuckerten wir durch den üblen Verkehr von Mathura (zu dem Zeitpunkt wussten wir noch nichts von Agra) Richtung Vrindavan.

Dort angekommen machte Claudia gleich die erste Bekanntschaft mit den Affen. Die orange in Ihrer Hand war zu interessant, so dass von einem kräftigen Makaken-Boy angefallen wurde. Der Inder neben Ihr half mit einem Ziegelstein aus...

Vrindavan ist eine indische Kleinstadt, man hat relativ wenig große Straßen, alles ist durch kleines Sträßchen oder Gassen verbunden. Neben Menschen tummeln sich noch eine Vielzahl an Schweinen, Hunden, Streifenhörnchen, Kühe (die meistens pathetisch dahin trotten oder an den unmöglichsten Stellen liegen), Trampeltiere und Affen. Primaten an jeder Ecke und auf jedem Dach. Teilweise sind sie so agro und fallen Leute an um ihnen Essen zu klauen. Oft kann man beobachten wie sie oben auf dem Dach sitzen und das Straßengeschehen beobachten, sobald etwas herunterfällt oder sich die Chance bieten einen Straßenhändler zu beklauen - weil dieser gerade Kundschaft bedient - sind sie schwups unten krallen sich ihr "Opfer" und verschwinden schleunigst wieder bevor sie eine mit der Steinschleuder bekommen. Auf jedenfall entwickelt man einen gewissen Respekt vor Ihnen.





Wir fühlen uns wie in 1001 Nacht - wo man hinsieht Tempelbauten in den allerschönsten Formen. Man kann sie besuchen, vorher aber immer die Schuhe ausziehen. Innen drinnen bietet sich dann ein interessantes Bild: tausend Farben und geschichtenerzählende Wandmalereien der Gottheiten. Da Mathura als Geburtsort Krishnas (der obersten Gottheit) und Vrindavan als der Ort seiner Kindheit gilt, gibt es hauptsächlich Motive von Ihm.

Nennenswert ist der Iskcon-Tempel, jeder Tuktuk-Fahrer möchte einen dahin bringen. Iskcon ist eine in der Welt verbreitete Organisation welche das Krshna-Bewusstsein verbreiten möchte (bekannt auch in unseren Breiten in als Mönche in Fussgängerzonen die Bücher verschenken´/ verkaufen bzw. musizieren). 
Sobald man vor Ort ist muss man durch einen Hochsicherheitstrakt, mit Scan der Rucksäcke und Abtasten. Danach erwartet einen Bauten in Marmor, wunderbar gearbeitet und richtig prunkvoll. Vor dem Tempel schlafen die Kastenlosen unter Zeitungen, drinnen herrscht Reichtum wohin das Auge reicht. Sagenhaft! Im Tempel sitzen die Devotees (Unterwürfige/ Gottesanbeter) musizieren auf Trommeln und Schellen und singen wiederholt das heilige Mantra: Hare Krshna, Hare Krshna, Krshna Krshna, Hare hare, Hare Rama, Hare Rame, Rama Rama, Hare Hare. Sie singen sich in Trance und die Gläubigen in der Halle verfallen ihnen.
Der Tempel hat drei Altäre, in jedem sind Abbilder der Gottheit zu sehen, fein geschmückt mit Blumen und schimmernden Umhängen. Tempelhelfer stehen in jedem Tor und fächern den Figuren Luft zu. Warum weiß ich nicht, vielleicht um sie von Fliegen freizuhalten. Punkt 12.30 Uhr werden die Vorhänge verschlossen und die Gesänge verstummen, nun ist es auch Zeit für den Besucher zu gehen.

Iskcon-Tempel

Den Nachmittag kann man mit einem Spaziergang an der Yamuna verbringen. Der Fluss gilt als heilig und reinigt von Sünden. Alte Tempel säumen den Uferrand. Sie sind längst nicht mehr unter religiöser Nutzung, sondern werden von Obdachlosen und Affen bewohnt. Einige Ecken nehmen einem die Luft, sie werden als Urinal genutzt und jeder versteht das auch so.

Am Ufer der Yamuna.

Ein schönes Plätzchen zum studieren.

Alte Tempelbauten am Fluss.

Während des Spaziergangs trifft man auch immer wieder auf die Sadhus, heilige Männer. Meistens orange gekleidet, sehr hager und mit langen Bärten haben Sie sich für ein Leben in Askese entschieden. Mit den geringsten Mitteln, und auch den damit verbunden Entsagungen wollen Sie eine Stufe höher im Bewusstsein steigen und damit die Erlösung von allem Irdischen erreichen. Sehr oft betteln sie um eine kleine Spende, denn das ist ihre Lebensgrundlage.



Im folgenden Video sieht man einen jungen Mann auf seiner persönlichen Pilgerfahrt. Er legt sich auf dem Boden, legt ein Holzstab vor seinen Kopf steht auf und geht bis zum Holz bevor sich die Prozedur wiederholt: Hier klicken!

Am Tempel Sri Radha Damodir Mandir bietet sich uns ein älterer Herr als Führer an. Auch wenn Warnschilder stehen, dass keine Führer vom Tempel geschickt werden gehen wir auf das Angebot des Herren ein. Eine gute Entscheidung, er erklärt uns einiges was das Tempelleben angeht und auch die Geschichten die die Bilder auf den Säulen rundherum erzählen. Zum Beispiel wird in einem eigenen Tempelgarten Kräuter angebaut die dann nur für die Zeromonien genutzt bzw. verbrannt werden. Wisst ihr warum Kühe heilig sindˋ? Sie gelten als die "Mother of the universe", deshalb sind sie auch immer im Umfeld Krshnas zu finden.
Aber auch das Leben von Rajesch ist interessant: bis zu seiner Rente im Alter von 57 arbeitete er als Elektriker bei einer staatlichen Anstalt. Mittlerweile ist er 85 Jahre und muss sich ein Zubrot verdienen (Führungen durch den Tempel), da zwei seiner 4 Kinder bei einem Unfall ums Leben gekommen sind.

Rajesch im Tempel

Am Abend geht es dann zum Prem Mandir (Tempel der göttlichen Liebe), alle sagen, dass man diesen Tempel bei Dunkelheit besuchen muss. Recht haben sie! Als wir vor dem Komplex stehen bleibt uns der Mund offen stehen und wir denken, dass wir im Disneyland der Tempel gelandet sind. Tausende andere denken genauso, wieder Menschen über Menschen.
Geradezu steht der Tempel in bombastischen Licht gehüllt. Der Balkonbereich ist unterschiedlich zum Rest des Gebäudes angestrahlt und bei beiden wechselt die Beleuchtung 10-sekündlich. Links vom Tempel steht eine riesige Ansammlung von Göttern. Krshna tanzt auf den Köpfen einer Hydra (siebenköpfige Schlange mit nur einem Körper). Rechts vom Tempel eine übergroße Schaukel im Wald. Darin sitzen Krshna und seine Frau Radha, angetrieben von einem elektrischen Motor schaukeln sie vor und zurück.
Die ganze Anlage ist top in Schuss und auf Schildern sieht man überall, dass die Licht- und Wassershow um 19 Uhr anfängt.
Ich setze mich auf die Mauer während Claudia das WC sucht. Wie so oft kommen ein paar Jungs und Fragen ob man gemeinsam ein Foto mit mir machen kann. Logisch, kein Problem. Damit trete ich eine Lawine los, also die drei nämlich fertig sind steht schon die nächste 5er Gruppe da. Foto? Okay, kein Problem. Beim vorletztem Jungen sehe ich schon im Augenwinkel wie sich die nächste Gruppe bereits. Foto? Na gut, wenns sein muss. Als wir durch sind kommt das Väterchen mit seinem Sohn. Foto? Okay, passt schon. Mittlerweile trifft Claudia wieder ein - welche eine Einladung, denn jetzt müssen nochmal neue Fotos gemacht werden....irgendwann können wir uns "befreien".
Während der Fotos hören wir schon jemand die ganze Zeit überlaut Hindi sprechen. Als wir um die Ecke gehen sehen wir auch wer das ist. Der Guru Shri Kripalu Maharaj ist riesig auf einem Bildschirm abgebildet, sitzt in einem gemütlichen Stuhl und erzählt. Er macht einen ganz zufriedenen Eindruck bei seinen Erzählungen.
Jetzt aber rein in den Tempel! Der Besucherstrom wird wie in einem Viehgatter geleitet. Als wir eintreten strahlt und glitzert es. Riesige Kronleuchter verteilen das Licht in jeden Winkel. 30.000 Tonnen italienischer Marmor. Wow!
Natürlich erwarten wir Krshna & Co. im Tempel zu sehen. Aber weit gefehlt, überall das Antlitz des Gurus. Des Gurus??? Ja wirklich, der Guru hat sich selbst ein Denkmal gesetzt! Man wird vom ersten in den zweiten Stock geleitet, die Krönung der Selbstbeweihräucherung ist eine vergoldetee lebensgroße im Schneidersitz dasitzende Figur.
Nun freuen wir uns aber auf die Licht und Wassershow die im abgesperrten Bereich hinter dem Tempel stattfindet. Während wir an der Tempelummauerung warten kommt ein geschmücktes und mit Räucherstäbchen versehenes Wägelchen vorbei. Geschoben von Devotees. Umtanzt von den Gläubigen. In der Mitte sitzt, na wer wohl, der Guru als lebensgroßes Pappfoto. Mittlerweile wurden die Leute in den Springbrunnenbereich eingelassen und nun beginnt die Show. Wasserfontainen tanzen auf und ab, schießen in die Luft und verpuffen in der Luft. Dann wird mit dem Licht ein Fächer erzeugt und ein Video in die Fontaine reinprojiziert. Zur Abwechslung sehen wir mal den Guru. Sprechend, tanzend, lächelnd.
Nach diesem berauschendem Personenkult zieht es uns ins nächste Straßenrestaurant. Gesättigt beschließen wir den Abend. Morgen geht es weiter nach Agra.

Krshna der die Welt mit einem Finger hält
Krshna mit seinem Herzblatt
Prem Mandir bei Nacht
Prem Mandir bei Tag

Weitere Impressionen aus Vrindavan:

Das ist noch echte Handarbeit!

Kurz nach Entstehung des Bildes hat der Bulle den einzigen Hinweis auf einen fehlenden Gulli-Deckel platt gemacht. 

Trampeltiere werden in Vrindavan gern eingesetzt.



Mittwoch, 21. Dezember 2016

New Dehli

Nach ein paar Stunden Schlaf sind wir bereit die Stadt zu erkunden! Zunächst bewegen wir uns nach Osten nach Old Dehli, besonders schnell kommen wir nicht voran: es gibt einfach viel zu viel sehen.

Das Menschenbild kann unterschiedlicher nicht sein, arm und reich bieten einen großen Kontrast, aber auf der Straße sind sie nebeneinander. An jeder Ecke kleine Stände, viele verkaufen ihre Sachen auf Decken am Boden, manche haben kleine Rollwägen auf denen sie wiederum (meist) warme Speisen zubereiten, einige haben Dreiräder mit Ladefläche die als Verkaufsstand dient und es gibt unzählige kleine Räume, fast Nischen, in denen Händler ihre Waren geduldig feil halten.

Der Verkehr ist ein Kapitel für sich, für einen Außenstehenden sieht es zunächst wie ein Chaos (es ist ein Chaos!) und Anarchie aus, aber es geht. Noch jede so kleine Lücke wird von dem erdrückendenm Verkehr genutzt. Alle schauen nach vorn, keiner nach hinten und das ist der Trick. Indem sich alle nur auf den Vordermann konzentrieren braucht keine nach hinten zu schauen. Das System scheint zu funktionieren, denn einen Unfall haben wir nicht gesehen. Auf unseren Straßen unvorstellbar.

Omnipräsent ist der Müll. Müll, Müll, überall Müll. Es spielt keine Rolle wo, Straße, Hauseingang, Kanal, Schienen, Park, egal. Sachen werden einfach fallen gelassen und wenn sie im Weg sind einfach zur Seite gekickt. Stören an den Müllbergen tut sich keiner, außer wir. Auch nach ein paar Tagen tut es immer noch weh was damit der Umwelt eigentlich angetan wird.



Schwein auf der Suche nach Futter. Ein typisches Bild in den ärmeren Vierteln Dehlis


Zunächst gehen wir zu Jama Masjid, der größten Moschee des Landes. Sie ist knapp 400 Jahre alt und fasst bis zu 25.000 Leute! Mogul-Kunst at its best. Nachdem man 300 Rupien bezahlt hat (offiziell zum Fotografieren, inoffiziell Eintritt) steht man auf einem riesigen Vorhof und ich bin das erste Mal beeindruckt: von dem tosenden Verkehrslärm ist nach ein paar Stufen und dicken Mauern nichts mehr zu hören. Den Vorhof nutzen viele Inder zum Entspannen und Picknicken mit ihren Familien. Der Blick ist gerichtet auf die riesige Kuppel mit ihren zwei Minaretten, der rote Sandstein taucht alles in eine warme Atmosphäre. Wir sitzen da und schauen zu, das Beste was man hier tun kann.

Jama Moschee
Siesta auf dem Moschee-Gelände

Quer durch den riesigen Markt der direkt hinter der Moschee anschließt und bei dem von der gebrauchten Buchse bis zum Reiskorn alles angeboten wird (man fühlt sich wieder wunderbar im Chaos) kommt man zum Red Fort. Große rote Mauern, ebenfalls aus Sandstein, umgeben den riesigen Komplex am Yamuna-Fluss. Es ist der größte Bau Dehlis. Die unendlich lange Schlange am Einlass demotiviert uns fast, bis wir einen Weißen entdecken der an der Schlange vorbei an einen anderen Schalter geht - der Touristenschalter! Aber natürlich wer extra Vorzüge bekommt, der bekommt auch einen extra Preis:


Das Fort ist vollgestopft von Menschen, es ist Sonntag und auch hier werden die großen Flächen zum Picknicken und Relaxen genutzt. Das Bauwerk an sich ist beeindruckend, der Mogul hat am Bau nicht gespart: Marmor so weit das Auge reicht, meist noch verziert mit eingelassenen Edelsteinen.
Leider, wie auch bei der Jama Moschee, wird die Wartung geschoben. Alles ist dem Verfall preisgegeben. Teile der Anlage wurden schon abgesperrt da sie baufällig waren.
Red Fort - Aussenmauern

Red Fort - höchste Mogul Baukunst

Chandni Bazar - der Markt zwischen Moschee und Fort

Nach dem Besuch des Forts schlendern wir über die Chandni Chowk, der ehemaligen Hauptstraße Old Dehlis. Schlendern ist aber etwas übertrieben, da der Verkehr und die Menschenmassen die Fortbewegung zur Qual macht. Auch hier wieder zig Läden und fliegende Händler die Ihre Waren an die Menschen bringen wollen.

Am nächsten Tag geht es weiter, dieses Mal nach Süden. Man merkt sofort, dass die südlicheren Viertel den Bessergestellten vorbehalten sind. Gerade am Connaught Place, der die Mitte Dehlis darstellt, gibt es nur Markengeschäfte und teure Karossen stehen auf dem Parkplatz. Hier kauft ein wer Kohle hat. Für uns ist der Freiraum auf der Straße angenehm und die Ruhe angenehm, ansonsten fühlen wir uns nicht all zu wohl. Was wir hier sehen erinnert sehr an die Heimat. Zu unserer Freude können wir eine Sim-Karte erstehen mit der wir auch unterwegs ins Internet können bzw. telefonieren können. Leider merken wir erst in Vrindavan, dass Prepaidkarten nur am Ort gelten wo der Prepaid-Vertrag unterschrieben wurde, sobald man Dehli verlässt fällt man ins Roaming und man darf sich wieder erneuert anmelden und fürs Roaming freischalten lassen!

Vom Connaught Place spazieren wir weiter zum Gate of India, welches dem Triumphbogen in Paris ähnelt. Es wurde gebaut um den 90.000 gefallenen Indern (im Namen Großbritanniens) des 1. Weltkriegs zu ehren.

Gate of India

Uns zieht es weiter in ruhigere Gefilde: den Lodi Gardens. Dieser Park ist eine Oase der Ruhe. Nur Vogelgezwitscher stört die Stille und das macht es sehr angenehm um es hier ein paar Stunden auszuhalten.  Durch die größe der Anlage verliert sich die Menge an Leuten. Schöne alte Bauwerke (Grabkammern) geben lässt die Kulisse orientalisch erscheinen.


Lodi Gardens: Bara und Shish Gumbad


Entspannt steigen wir in ein TukTuk (Hier klicken!) und lassen uns zurück zum Connaught Place bringen von wo wir den Rückweg ins Hotel antreten. In Parhanganj sehen wir zum ersten Mal heilige Kühe. Die meisten sind zwar frei, aber zu beachten scheint sie trotzdem keiner. Allein durch ihre Masse machen die Leute einen Bogen um sie (nicht wie bei den streunenden Hunden die einfach versprengt werden).

Heilige Kühe in heimigen Dreck!

Ein schöner und vor allem interessanter Tag geht zu Ende und morgen heißt es zeitig aufstehen, den die Bahn geht bereits um 6 Uhr!

Noch ein paar weitere Impressionen aus Dehli:

Der Ambassador als Taxi. Ein Relikt welches aus Kolonialzeiten überlebt hat und oft als Taxi unterwegs sind. Ein Probefahrt steht noch aus :)

Durch die aktuelle Finanzpolitik kommt es vor jedem Geldautomat zu langen Schlangen; dann kann man nur 2000 Rupien abheben, das entspricht ungefähr 28 Euro.

Junge Männer sitzen im Kreis um den Tandoori-Ofen (Erdloch) und backen das überall erhältliche Roti (Fladenbrot). Verdammt lecker!

Ein Traum der dieses Mal nicht wahr wurde - das nächste Mal auf 2Rädern!

Ein Mann schläft mit seinem Hab und Gut in einer Ecke am helligten Tag.

Menschen waschen sich an der einzigen Pumpe in der Straße. Fließend Wasser ist hier ein Luxus von dem die Wenigsten träumen können.