Es ist 9:00 Uhr Ortszeit - eigentlich wuerden wir jetzt auf unseren Schlitten sitzen und den Hafen wechseln um die Faehre nach Tallin zu bekommen - haben ja nur 1,5h; eigentlich nur 1h da wir ja noch eher da sein muessen.
Aber denkste! Wir sitzen immer noch auf der Travemuende-Faehre und schippern durch die schoene Schaerenwelt...vorraussichtliche Ankunft: 9:30 Uhr! Und das ist Ankunft, da sind wir noch nicht ausgeschifft und durch den Zoll. Laut Google dauert der Hafenwechsel 28 Minuten - wenn alles wie geschmiert laeuft.
Claudia wird verdammt ruhig...und nervoes. Ich rufe bei der Faehrgesellschaft an "tut uns leid, bei ihrem Ticket koennen wir nichts machen, sie haben ja das Sonderpreisticket und die Ankunft ist ja auch mit einer anderen Faehrgesellschaft erfolgt..so sooorrry"...Danke, fuer nichts.
Als der Hafen ins Blickfeld kommt begeben wir uns schon Richtung Motorfahrraeder. Claudia ist rot wie ein Leuchtturm. Dumm nur, das der Fahrstuhl das untere Deck nicht freigibt solange wir nicht angedockt sind...Claudia..das wird auch nach dem 20. Mal druecken nicht gehen!
Auf den Bikes geht's durch eine enge Gasse funkelnagelneuer VW-Konzernfahrzeuge. Platz links und rechts 5 cm - was solls! Gerade wird die Luke heruntergelassen, der Matrose am Tor ist nicht begeistert als er uns kommen sieht und wimmelt mich ab. Als ich ihm sage das wir die Faehre nach Tallin noch bekommen muessen macht's klick bei Ihm und unsere kleine Gluecksstraehne beginnt. Durch das Mikrophon weist er an uns als erste von Bord gehen zu lassen, unten am Schiff wartet bereits ein Begleitfahrzeug auf uns. Mit Gelblicht geht es durch den Hafen, alle Schranken gehen vor uns auf. Nur der finnische Zollbeamte bremst uns aus, weil er es nicht fassen kann, dass wir nur eine halbe Stunde in Finnland sind und wieder abhauen. Wahrscheinlich kommt er zu dem Erkenntnis, dass das einfach zu wenig Zeit ist um einen Koffer voller Drogen an den Mann zu bringen.
Das Glueck ist uns weiter holt - die Strassen sind leer (Feiertag), die Ampeln meistens gruen (manchmal ziemlich kirschgruen) und Google Maps laeuft (wie zu erwarten).
Und tatsaechlich schaffen wir es rechtzeitig zum check in, aber keine Minute zu frueh.
Claudias Gesichtsfarbe hat sich auch wieder normalisiert.
Erst jetzt merken wir, dass hier alles grau in grau ist. Graue See, grauer Himmel und graue Landschaft. In der Tat ist das saftige Gruen welches wir beim Verlassen des Rotttales hatten hier noch nirgendwo angekommen. Gefuehlt ist vorgestern der Schnee weggeschmolzen. Temperaturtechnisch bewegen wir uns auf 9 Grad Celsius. Brrrr. Das ist auch der Grund warum wir uns entscheiden eine feste Unterkunft zu buchen, auch weil Regen vorhergesagt ist.
Dank moderner Technik ist das wunderbar vom Boot aus machbar.
Zwei Stunden spaeter rollen wir in Tallin ein. Umweltbedingungen wie in Helsinki. Also erstmal ins Hotel und umziehen.
Wir sind zeitig dran fuer Reisende. Normalerweise ist heute nichts los, aber normalerweise ist heute nicht der 1. Mai. Und das bedeutet anscheinend fuer halb Russland mal kraeftig in Tallin einzufallen! An jeder Ecke hoeren wir es russisch sprechen...und dabei dachte ich, dass sich die Esten damit nicht identifizieren.
Beim Abendessen in Oma's Restaurant (das hiess wirklich so und war auch so aufgemacht) erfahre ich den Grund, der russische Feiertag wird genutzt um mal Geld in Tallin zu lassen. Kreuzfahrtschiffmassen bevoelkern die Stadt.
Aber davon mal abgesehen ist Tallin recht nett. Es gibt eine Ober- und Unterstadt und viele historische Bauten, richtig viele Kirchen und nette Gaesschen. Ein coole Idee war, dass eine Gasse hergenommen wurde und von Anfang bis Ende der Gasse die Bodensteine mit der Geschichte Tallins beschrieben wurde. Siehe Foto.
Ausserdem haben wir das erste Mal einen Metaller in der Fussgaengerzone seine Songs ueber einen Verstaerker rocken hoeren, dabei kraeftig headbangend. Das war auch das erste Mal, dass ich einem Strassenmusiker Geld in seinen Hut geworfen haben. Rock'N'Roll rulez!
Die Stadtmauer und die Lage Tallins sind imposant. Von der Oberstadt aus kann man ueber die halbe Stadt schauen. Muss grandios sein wenn Fruehling ist.
Fuer mich als echten Dorfjunkie ist es sehr recht, dass wir uns naechsten Morgen aus der Hauptstadt Estland verabschieden koennen und Richtung Sueden ausfahren. Der Regen am Morgen hatte uns noch eine Runde laenger schlafen lassen, so kommen wir relativ spaet los.
Ziel ist die groesste Insel Estlands - Saaremaa. Bis zur Faehre und das sind gut 120 km ist es recht eintoenig. Man merkt, dass die Natur weit hinter unserer zurueck steht, klar wir sind auch deutlich noerdlicher. Baeume sind noch komplett nackt, Fruehlingsblueher kaum zu sehen. Die Temperaturen haengen bei 7 bis 8 Grad Celsius. Nur die Voegel zwitschern schon ihre Lieder - und die Stoerche haben bereits ihre Nester bezogen!
Die Kulturlandschaft kommt mir hier vor wie ein Mix aus Finnland und Schweden, mit einer Prise Russland. Die Strassen breit wie in Schweden, dass Landschaftsbild wie in Finnland, viele viele Baeume, sumpfige Wiesen, kleine Tuempel. Nicht umsonst bezeichnet man Estland als "little Finland".
Die Prise Russland machen fuer mich die Haeuser aus, groesstenteils Holzhaeuser, sehr oft eintoenig mit farblich abgesetzter Tuer. Koennten direkt aus einem russischen Maerchen entsprungen sein und Babuschka gruesst aus dem Fenster.
Unsere erste Station (im wahrsten Sinne des Wortes) ist der einstige Bahnhof in Haapsalu. Glaubt es oder nicht, aber hier befindet sich der laengste ueberdachte Bahnsteig Europas! Die Haapsaluaner hatten Anfang des 20. Jahrhunderts dem Zaren eine besondere Ehre erweisen wollen und den ganzen Bahnhof ueberdachen lassen. Aufgrund von Kriegswirren hat es der Zar aber nie geschafft in den Kurort zu kommen. Aber wir!!! Und der Bahnhof mit dem Lokomotivenfriedhof ist echt sehenswert. Ein kleines, aber feines Bahnhofsmuseum (mit sehr zuvorkommenden Personal) ist auf jedenfall einen Besuch wert!
Im Anschluss entschliessen wir uns noch einen kurzen Spaziergang durch das Zentrum zu machen. Aufgrund der Lage am Meer hat es Haapsalu zum Kurort geschafft. Momentan ist es noch ein richtig verschlafenes Nest. Ich liebe solche schlummernden Orte. Jeder werkelt bisschen hier und da, dort knarrt die Tuer, eine Katze quer die Strasse, der Wind weht durchs Schilf. Sehr entspannend :)
Die Faehre nach Saaremaa braucht eine gute halbe Stunde fuer die Ueberfahrt vom Festland auf die Insel Muhu. Und als wir da sind beginnt der beste Teil des Tages; die Natur ist etwas weiter und die Sonne ist herausgekommen. Unser erstes Ziel ist Koguva auf Muhu.
Koguva ist ein Bilderbuchdoerfchen - es koennte ebenfalls aus dem russischen Maerchen entstammen. Von Moosen ueberwucherte Steinmauern, alte Holzhaeuser mit reetgedeckten Daechern geben dem Ort eine mystisch romantische Atmosphaere. Leider hat die Landflucht dem Dorf sehr zugesetzt. Es leben nur noch ein paar Einwohner dort.
Auf dem Weg nach Kuressaare (der Inselhauptstadt) kann ich endlich mal Schotter fahren. That is what my bike is made for!!! Wie geil!
Eigentlich wollten wir heute campen...den Temperaturen kurz ueber Frostniveau und Vorsaisonuebernachtungspreise lassen uns unsere Meinung aber schnell aendern.
Track: Tallin - Haapsalu - Koguva - Kuuresaare
Aber denkste! Wir sitzen immer noch auf der Travemuende-Faehre und schippern durch die schoene Schaerenwelt...vorraussichtliche Ankunft: 9:30 Uhr! Und das ist Ankunft, da sind wir noch nicht ausgeschifft und durch den Zoll. Laut Google dauert der Hafenwechsel 28 Minuten - wenn alles wie geschmiert laeuft.
Claudia wird verdammt ruhig...und nervoes. Ich rufe bei der Faehrgesellschaft an "tut uns leid, bei ihrem Ticket koennen wir nichts machen, sie haben ja das Sonderpreisticket und die Ankunft ist ja auch mit einer anderen Faehrgesellschaft erfolgt..so sooorrry"...Danke, fuer nichts.
Als der Hafen ins Blickfeld kommt begeben wir uns schon Richtung Motorfahrraeder. Claudia ist rot wie ein Leuchtturm. Dumm nur, das der Fahrstuhl das untere Deck nicht freigibt solange wir nicht angedockt sind...Claudia..das wird auch nach dem 20. Mal druecken nicht gehen!
Auf den Bikes geht's durch eine enge Gasse funkelnagelneuer VW-Konzernfahrzeuge. Platz links und rechts 5 cm - was solls! Gerade wird die Luke heruntergelassen, der Matrose am Tor ist nicht begeistert als er uns kommen sieht und wimmelt mich ab. Als ich ihm sage das wir die Faehre nach Tallin noch bekommen muessen macht's klick bei Ihm und unsere kleine Gluecksstraehne beginnt. Durch das Mikrophon weist er an uns als erste von Bord gehen zu lassen, unten am Schiff wartet bereits ein Begleitfahrzeug auf uns. Mit Gelblicht geht es durch den Hafen, alle Schranken gehen vor uns auf. Nur der finnische Zollbeamte bremst uns aus, weil er es nicht fassen kann, dass wir nur eine halbe Stunde in Finnland sind und wieder abhauen. Wahrscheinlich kommt er zu dem Erkenntnis, dass das einfach zu wenig Zeit ist um einen Koffer voller Drogen an den Mann zu bringen.
Das Glueck ist uns weiter holt - die Strassen sind leer (Feiertag), die Ampeln meistens gruen (manchmal ziemlich kirschgruen) und Google Maps laeuft (wie zu erwarten).
Und tatsaechlich schaffen wir es rechtzeitig zum check in, aber keine Minute zu frueh.
Claudias Gesichtsfarbe hat sich auch wieder normalisiert.
Hafeneinfahrt mit Blick auf die Schaeren |
Erst jetzt merken wir, dass hier alles grau in grau ist. Graue See, grauer Himmel und graue Landschaft. In der Tat ist das saftige Gruen welches wir beim Verlassen des Rotttales hatten hier noch nirgendwo angekommen. Gefuehlt ist vorgestern der Schnee weggeschmolzen. Temperaturtechnisch bewegen wir uns auf 9 Grad Celsius. Brrrr. Das ist auch der Grund warum wir uns entscheiden eine feste Unterkunft zu buchen, auch weil Regen vorhergesagt ist.
Dank moderner Technik ist das wunderbar vom Boot aus machbar.
Zwei Stunden spaeter rollen wir in Tallin ein. Umweltbedingungen wie in Helsinki. Also erstmal ins Hotel und umziehen.
Wir sind zeitig dran fuer Reisende. Normalerweise ist heute nichts los, aber normalerweise ist heute nicht der 1. Mai. Und das bedeutet anscheinend fuer halb Russland mal kraeftig in Tallin einzufallen! An jeder Ecke hoeren wir es russisch sprechen...und dabei dachte ich, dass sich die Esten damit nicht identifizieren.
Beim Abendessen in Oma's Restaurant (das hiess wirklich so und war auch so aufgemacht) erfahre ich den Grund, der russische Feiertag wird genutzt um mal Geld in Tallin zu lassen. Kreuzfahrtschiffmassen bevoelkern die Stadt.
Erster selbstgebauter Panzer Estlands |
Blick von der Oberstadt |
Tiny red house |
Street art |
Aber davon mal abgesehen ist Tallin recht nett. Es gibt eine Ober- und Unterstadt und viele historische Bauten, richtig viele Kirchen und nette Gaesschen. Ein coole Idee war, dass eine Gasse hergenommen wurde und von Anfang bis Ende der Gasse die Bodensteine mit der Geschichte Tallins beschrieben wurde. Siehe Foto.
Ausserdem haben wir das erste Mal einen Metaller in der Fussgaengerzone seine Songs ueber einen Verstaerker rocken hoeren, dabei kraeftig headbangend. Das war auch das erste Mal, dass ich einem Strassenmusiker Geld in seinen Hut geworfen haben. Rock'N'Roll rulez!
Die Stadtmauer und die Lage Tallins sind imposant. Von der Oberstadt aus kann man ueber die halbe Stadt schauen. Muss grandios sein wenn Fruehling ist.
Fuer mich als echten Dorfjunkie ist es sehr recht, dass wir uns naechsten Morgen aus der Hauptstadt Estland verabschieden koennen und Richtung Sueden ausfahren. Der Regen am Morgen hatte uns noch eine Runde laenger schlafen lassen, so kommen wir relativ spaet los.
Ziel ist die groesste Insel Estlands - Saaremaa. Bis zur Faehre und das sind gut 120 km ist es recht eintoenig. Man merkt, dass die Natur weit hinter unserer zurueck steht, klar wir sind auch deutlich noerdlicher. Baeume sind noch komplett nackt, Fruehlingsblueher kaum zu sehen. Die Temperaturen haengen bei 7 bis 8 Grad Celsius. Nur die Voegel zwitschern schon ihre Lieder - und die Stoerche haben bereits ihre Nester bezogen!
Keine Reise ohne kleine HD-Offroad-Test |
Die Kulturlandschaft kommt mir hier vor wie ein Mix aus Finnland und Schweden, mit einer Prise Russland. Die Strassen breit wie in Schweden, dass Landschaftsbild wie in Finnland, viele viele Baeume, sumpfige Wiesen, kleine Tuempel. Nicht umsonst bezeichnet man Estland als "little Finland".
Die Prise Russland machen fuer mich die Haeuser aus, groesstenteils Holzhaeuser, sehr oft eintoenig mit farblich abgesetzter Tuer. Koennten direkt aus einem russischen Maerchen entsprungen sein und Babuschka gruesst aus dem Fenster.
Unsere erste Station (im wahrsten Sinne des Wortes) ist der einstige Bahnhof in Haapsalu. Glaubt es oder nicht, aber hier befindet sich der laengste ueberdachte Bahnsteig Europas! Die Haapsaluaner hatten Anfang des 20. Jahrhunderts dem Zaren eine besondere Ehre erweisen wollen und den ganzen Bahnhof ueberdachen lassen. Aufgrund von Kriegswirren hat es der Zar aber nie geschafft in den Kurort zu kommen. Aber wir!!! Und der Bahnhof mit dem Lokomotivenfriedhof ist echt sehenswert. Ein kleines, aber feines Bahnhofsmuseum (mit sehr zuvorkommenden Personal) ist auf jedenfall einen Besuch wert!
Alter Bahnhof Haapsalu/ Estland |
Laengster ueberdachter Bahnsteig Europas |
Spass! |
Loko-Friedhof |
Ein bisschen Heimat gefunden! |
Im Anschluss entschliessen wir uns noch einen kurzen Spaziergang durch das Zentrum zu machen. Aufgrund der Lage am Meer hat es Haapsalu zum Kurort geschafft. Momentan ist es noch ein richtig verschlafenes Nest. Ich liebe solche schlummernden Orte. Jeder werkelt bisschen hier und da, dort knarrt die Tuer, eine Katze quer die Strasse, der Wind weht durchs Schilf. Sehr entspannend :)
Koguva Castle - riesig! |
Blick von der Promenade |
Wo sich Fuchs und Hase 'Gute Nacht' sagen |
Ostseekurortidylle |
Die Faehre nach Saaremaa braucht eine gute halbe Stunde fuer die Ueberfahrt vom Festland auf die Insel Muhu. Und als wir da sind beginnt der beste Teil des Tages; die Natur ist etwas weiter und die Sonne ist herausgekommen. Unser erstes Ziel ist Koguva auf Muhu.
Koguvas vertraeumte Wiesen |
Bemooste Mauern und reetgedeckte Daecher |
Koguva ist ein Bilderbuchdoerfchen - es koennte ebenfalls aus dem russischen Maerchen entstammen. Von Moosen ueberwucherte Steinmauern, alte Holzhaeuser mit reetgedeckten Daechern geben dem Ort eine mystisch romantische Atmosphaere. Leider hat die Landflucht dem Dorf sehr zugesetzt. Es leben nur noch ein paar Einwohner dort.
Auf dem Weg nach Kuressaare (der Inselhauptstadt) kann ich endlich mal Schotter fahren. That is what my bike is made for!!! Wie geil!
Endlich Schottaaaaaa!!! |
Eigentlich wollten wir heute campen...den Temperaturen kurz ueber Frostniveau und Vorsaisonuebernachtungspreise lassen uns unsere Meinung aber schnell aendern.
Track: Tallin - Haapsalu - Koguva - Kuuresaare
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